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Wie Coco das Tanzen lehrt

Ein Gefühl von Leichtigkeit, Flexibilität, Feinheit und gleichzeitiger Wildheit durchströmt Coco, wenn sie tanzt. Schon früh im Leben war der 35-jährigen klar, dass Tanz ihr ganzes Sein bestimmen würde. Nur in welcher Form? Sie wollte ihr eigenes Ding machen, sich nicht unterordnen. Nonchalant bewegte sich Coco weg vom klassischen Ballett über den Bauchtanz zu ihrem ganz eigenen Abenteuer nach bewegter Sinnlichkeit. Es entstand eine Methode, mit der sie sich nicht nur selbst befreien konnte, sondern auch Frauen weltweit auf ihrem Weg hilft. Retreat traf Coco zu einem Gespräch über Selbstakzeptanz, Transformation und ihrem Weg zum Lebensglück.

Coco, erzähle mir kurz etwas zu Dir. Wie alt bist Du und als was arbeitest Du?

Ich bin 35 Jahre alt und habe eine Methode entwickelt, die mit Tanz, Körperarbeit und Bewusstheit unseren Körper, Geist und Seele befreit. Angefangen hat alles 2006 mit "Essence of Bellydance", ein speziell entwickeltes Programm, das ich und mein Team im Berliner Studio anbieten. Einige Jahre später folgte das "Sensuous Dance Workout", ein eigenständiges DVD-Workout, welches ganz neu auch im Studio angeboten wird. Meine Methodik ist jeweils ein ganzheitliches Programm, das Frauen hilft, sich und ihren Körper ganz neu kennenzulernen, zu befreien und gleichzeitig fit und geschmeidig zu werden. Zusätzlich habe ich einen Lifestyle- und Tanz-Kanal auf YouTube und blogge auf sensuousmind.com

Du nennst Dich Coco Berlin - wofür steht der Name?

Coco war ein Name, den ich immer toll fand. Eines Tages beschloss ich, dass ich ihn mir einfach nehmen kann. Der Rest ist Geschichte. Berlin ist mir durch Social Media zugeflogen, da braucht man ja einen Nachnamen. Ich habe Berlin genommen, meine aufregende neue Heimat zur damaligen Zeit. Irgendwann haben die Menschen angefangen, mich Coco Berlin zu nennen. Ich bin also nach der Stadt benannt in der ich mich neu erfunden, beziehungsweise endlich gefunden habe.

Du bist ausgebildet in klassischem Ballet. Das Sensuous Dance Workout ist aber vom Bauchtanz geprägt. Wie wird aus einer Ballerina eine Bauchtänzerin und Fürsprecherin für die Weiblichkeit und Sinnlichkeit im Leben?

Wie viele Kinder war auch ich auf der Suche nach Antworten im Leben. Beim Tanzen hatte ich das Gefühl, der Wahrheit näher zu kommen. Wenn ich tanzte, war ich glücklich. Ich hörte auf, alles zu hinterfragen, fühlte mich einfach nur lebendig. Ich habe damals Ballett gewählt, weil es elegant war und in meinem Ort angeboten wurde. Doch mir fehlte bald die Wildheit der Zigeunerin oder Bauchtänzerin. Meinen ersten Fantasie-Bauchtanzauftritt hatte ich bereits in der Grundschule und übte später Zuhause mit einer VHS-Kassette aus der Stadtbücherei. Heimlich, denn ich war ein Punk, eine Feministin, eine Anarchistin und Bauchtanz war in all diesen Zusammenhängen einfach uncool.

Wie ging es weiter?

Erst 2001, als ich meine Kleinstadt verließ, um in Wuppertal Architektur zu studieren, nahm ich bei einer arabischen Bauchtänzerin Unterricht. Anfangs hat mich der Bauchtanz in seiner “Unprofessionalität” und kulturellen Rückwärtsgewandtheit etwas abgestoßen. Doch gleichzeitig hatte ich eine Ahnung, dass ich ihn und die Weiblichkeit auch anders, modern, stark und mitreißend leben konnte. Ich wollte dieser mysteriösen Kunst auf den Grund gehen und auch herausfinden, was mich als liberale westliche Frau daran so faszinierte.

Und dann ging es von Wuppertal regelmäßig nach Kairo?

Genau. Meine Recherchen hatten ergeben, das der Bauchtanz in Kairo zu seiner höchsten kulturellen Blüte gelangt war und hier immer noch als Kunst gelebt wurde. Ich besuchte die Shows der Tänzerinnen, die mich am meisten faszinierten und nahm Unterricht bei ihnen. Ich wollte unbedingt herausfinden, was diese Frauen so atemberaubend und stark machte. Ich entwickelte meine eigenen Shows und zog 2005 nach Berlin, weil ich hier mehr Chancen für meine künstlerische Entwicklung sah.

Alles, während Du weiterhin Architektur studiert hast?

Es war eine verrückte Zeit! Ich pendelte mit dem ICE zwischen Berlin und Wuppertal, um dort mein Diplom zu absolvieren. Gleichzeitig beschäftigte ich mich noch intensiver mit modernem und zeitgenössischem Tanz, trat in TV-Shows und international auf vielen High-End-Events auf.

Wie empfindest Du selbst deinen Körper?

Ich habe gemerkt, dass es das Körpergefühl von innen gibt und die Betrachtung von außen. Von außen betrachtet, finde ich meinen Körper unheimlich schön, doch Selbstliebe und Zufriedenheit kommen nur von innen. Von außen betrachtet gibt es immer etwas auszusetzen. In meiner Methode arbeiten wir daran, unsere Körper von Kopf bis Fuß fit und geschmeidig zu machen, den Beckenboden zu integrieren und alles zu vernetzen. Dabei liegt der Fokus darauf, uns selbst sinnlich wahrzunehmen, unseren Körper, unsere Emotionen, unsere Gedanken ganz bewusst zu betrachten. So kommen wir der Schönheit von beiden Seiten näher und vor allem der Selbstliebe und dem inneren Frieden.

Eine wichtige Erkenntnis. Warst Du schon immer im Reinen mit Deinem Körper?

Nein. Seit ich denken kann, bin ich „nicht da“ gewesen. Entfremdet von meinem Körper, aber auch von der Realität meiner Mitmenschen. Was für sie normal erschien, war für mich fremd und sinnlos. Ich lebte wie hinter einem Schleier und hoffte, dass diese Existenz eines Tages aufhören und ich meine Ruhe habe konnte. Als Kind habe ich mich zudem zutiefst verachtet. Ich fand mich hässlich. Jeder Blick in den Spiegel war eine Qual. Das kam natürlich von außen, angefangen mit meiner Familie, über meine Mitschüler und fortgesetzt als grausamer innerer Dialog, wie ihn so viele Frauen kennen.

Wie hat Dir der Tanz und Dein Programm geholfen, Dich davon zu befreien?

Durch meine Techniken habe ich meinen Körper zum ersten Mal bewusst erlebt und dadurch nach und nach einen ganz neuen Zugang zu mir selbst und zum Leben gefunden. Ängste wichen einem tiefen inneren Wissen, dass ich perfekt bin genau so wie ich bin und dass alles was ich brauche bereits in mir ist. Dieses Bewusstsein hat mein Leben komplett verändert. Das Leben ist so einfach und wunderschön, wenn wir uns selbst lieben.

Wie hast Du Deinen persönlichen Prozess zur wahrhaftigen Weiblichkeit erlebt?

Bis auf meine „Zeit der Erleuchtung“, einem spirituellen Zustand, in dem ich mit allem verbunden und total in meinem weiblichen Element war, würde ich nicht sagen, dass ich angekommen bin. Es ist ein ewiges Werden. Eine Reise mit Höhen und Tiefen. Und das Beste ist: wenn man denkt, man könnte nur auf den Höhen ruhen, kommt man nicht weiter. Es ist immer wieder eine Befreiung loszulassen, in die Tiefen zu fallen, dort eventuell alte Traumata zu finden und nach deren Auflösung wie neu geboren über den Quantensprung zu staunen.

Was hat Dir besonders auf Deinem Weg dahin geholfen?

Mut. Mut sich allem zu stellen, was mich davon abhält, frei, lebendig und seelenvoll zu leben.

Mittlerweile konzentrierst Du Dich ganz auf das Deine entwickelte Methode, das Sensuous Programm. Was kann man mit Deinen DVDs lernen?

Ich habe 2013 aufgehört, Shows zu machen. Ich hatte das Gefühl, alles auf dem Gebiet erreicht zu haben und wollte mich weiterentwickeln, wachsen, Neues erleben. Aus der neu entstandenen Ruhe in meinem Leben entstand mein Essence of Bellydance Teacher-Training und mit dem Sensuous Dance Workout mein erstes Programm für Zuhause. Es ist als Online-Kurs und DVD erschienen und ein transformatives Lifestyleprogramm. Den Kern bildet meine Beckenboden-Integration-Methode, sinnliche Workouts für jede Lebenslage und Tipps, um diese Sinnlichkeit im Alltag zu kultivieren. Frauen können in ihre Sinnlichkeit eintauchen und sich selbst ganz neu und intensiv erleben. Um das Erlebnis noch nachhaltiger zu machen, gibt es auch eine geschlossene Online-Community, in der sich die Frauen austauschen können und in der ich alle Fragen persönlich beantworte.

Warum gerade der Beckenboden?

Das Becken ist unser Zentrum. Wenn wir uns hier hinein fühlen und entspannen, wirkt sich das auf unseren ganzen Körper aus.

Welche Fortschritte hast Du über die letzten Jahre mit Deiner Methode für Dich selbst festgestellt?

Ich lebe meine Methode. Sie ist ein Lifestyle. Ich versuche, meine Bewusstheit und Sinnlichkeit jeden Tag zu kultivieren und zu vertiefen. Ich tanze jeden Morgen oder mache eine andere Art von Sport. In allem, was ich tue, ist immer meine Beckenboden-Integrationsmethode enthalten. Das ist das tolle: Einmal verinnerlicht, ist es so natürlich und angenehm für den Körper, dass er sich gar nicht mehr dysfunktional bewegen möchte. Nur Stillstand oder Unbewusstheit stoppen diesen Prozess.

Was kann ich jetzt gerade ganz spontan in wenigen Minuten tun, um meinen Körper mehr ins Fließen zu bringen und geschmeidiger zu machen?

Schließe die Augen und fühle jetzt ganz bewusst in Dein Becken hinein. Was kannst Du fühlen? Versuche, alles was Du erspüren kannst, ganz tief loszulassen. Stell Dir vor, wie es immer tiefer nach unten sinkt. Tiefer und noch tiefer. Nun fühle Deinen Atem. Wo in Deinem Körper kannst Du ihn spüren? Spürst Du ihn auch in Deinem Becken? Fühle, wie Dein Atem die Organe, Muskeln und Bänder in Deinem Becken bewegt. Du hast vielleicht das Gefühl, dass sie sich ausdehnen und zusammenziehen. Lasse sie beim Atmen immer tiefer sinken. Mach diese Übung so lange es Dir gefällt. Dann öffne die Augen. Wie fühlst Du Dich? Stehe auf und gehe ein paar Schritte. Ist das nicht wunderbar? Eine geniale Übung, um im Alltag wieder im Hier und Jetzt anzukommen.

Bitte vervollständige den Satz: Wenn ich tanze, dann …

befreie ich mein wahres Wesen, lebe meine Seele.

Mehr Infos zu Coco, ihren DVDs und Essence of Bellydance.

Text: Maria Christina Gabriel

Fotocredits: © Sensuous Dance Workout, © Essence of Bellydance, © Moin Yaminah

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